Katja-Bahini Mangold
Seit meiner Jugend begleitet mich der Tanz als erneuernde und transformierende Kraft. So hatte ich als 15-Jährige ein Schlüsselerlebnis, als ich mich intuitiv in Trance tanzte. Dieses tief bewegende Ereignis stellte rückblickend den Wendepunkt einer von Depression und negativen Körperselbstbildern geprägten Zeit dar. In meinen frühen 20ern machte ich Erfahrungen mit unterschiedlichsten Tanzformen, trainierte zeitgenössischen Tanz und Zirkusakrobatik und performte in diversen Kontexten. Der Drang, auf der Bühne zu stehen, war damals groß. Die Erfahrungen verhalfen mir, meine Facetten und Vielschichtigkeit als Mensch tiefer zu ergründen und ihnen Ausdruck zu verleihen. Eine professionelle Bühnentanzausbildung brach ich aufgrund einer Hüftverletzung unverhofft ab. Bezüglich meines Vorhabens, Bühnentänzerin zu werden, war ich auf mich selbst zurückgeworfen. So nahm mein Tanz zum Sein einen anderen Lauf. Ich reiste nach Nepal und Indien, um mehr über den kulturellen Ursprung meines Zweitnamens Bahini zu erfahren und ein Praktikum in der Permakultur zu absolvieren. Zutiefst berührte mich in dieser Zeit ein fast 5-monatiger Aufenthalt am und im Meer im Jahr 2008. Hier erfuhr ich Tiefen und Ebenen der Erneuerung von deren Existenz ich nichts ahnte. Ich erlebte wie meine Hüftverletzung heilte und meine Empfindungen immer subtiler wurden, während ich mich täglich wie im Gebet vertrauensvoll den Wassern in und um mich herum hingab. Ich begann meine Aufmerksamkeit und mein Forschen dem innere Erleben in Bewegung, den Bedingungen für tiefe Präsenzerfahrung und sinnlich-verwurzelter Körperbeheimatung zu widmen. Dies hat meinen Tanz und mein Erleben nachhaltig beeindruckt. Die Begegnung mit Emily Conrad (Continuum Movement) verhalf mir damals, die tiefgreifenden Erfahrungen zu integrieren und das Meer in mir zu beheimaten. In diesem Sinne liebe ich es und begreife es als meine somatische Kernpraxis , mit den Naturelementen in Kontakt zu treten und unmittelbar mit und von ihnen zu lernen, mit ihnen intime Zwiesprache zu halten.
Innerhalb der letzten 15 Jahre setzte ich mich intensive mit Contact Improvisation, Axis Syllabus, Continuum und Butoh Tanz auseinander. Darüber hinaus bin ich in ökologischen Agrarwissenschaften ausgebildet.
An der Contact Improvisation fasziniert mich die Präsenz im Augenblick, mich authentisch mit anderen Menschen in Beziehung zu setzen, sowie Vielfältigkeit und Wandlungsfähigkeit in Bewegung zu erfahren. Die funktionale Anatomie inspiriert aus dem Axis Syllabus lehrt mich u.a. strukturelle Ausrichtung und für mich moderate Grenzen in Bewegung anzuerkennen. Im Continuum tauche ich durch Microbewegungen und Sound in subtilere Welten ein und rege tiefe Transformationsprozesse an oder begleite diese in absichtsloser Präsenz. Der Butoh Tanz hilft mir und lehrt mich, das Unaussprechliche zu tanzen.
Von 2012 bis 2016 studierte ich Contact Improvisation bei Jörg Hassmann und Daniel Werner, von 2014 bis 2016 als deren Assistentin. Seit 2012 organisiere ich die wöchentliche WITZENHAUSEN CONTACT IMPRO JAM gemeinsam mit Marielle Gerke. 2014 begann ich, CI auf Seminaren in diversen Kontexten, sowie auf internationalen Festivals (CMC, In Touch Berlin, Berlin New Years Festival, Tempelhof Festival, Czech CI gathering, Impro Ost, Summerflow) zu unterrichten. Von 2014 -2018 war ich mit Marielle Gerke in mehrere Performance Projekte, sowie die Entwicklung von gemeinsamen Unterrichtsformaten involviert. Mein Verständnis über Zusammenhänge und Funktionen des menschlichen Bewegungsapparats erweitere ich inspiriert durch die Blickwinkel des Axis Syllabus als Schülerin bei Kira Kirsch, Antoine Ragot (2017-2020) und Frey Faust u.a. (Nomadic College 2008 und 2018), sowie durch Weiterbildung in Kinästhetik. Seit 2020 studiere ich intensiv mit Susan Harper (Continuum) somatische Mystik und die Interaktion von Sound und Mikrobewegungen. Innerhalb einer autonomen Supervisionsgruppe von Absolventinnen des Jahrestrainings MOSH GOLD von Ilan Stefani treffe ich mich wiederkehrend zur Vertiefung und Reflexion der eigenen somatischen Praxis.
2019 initiierte ich die WALDFRAUENZEIT – Tanz zum Sein, einen umweltsomatischen Jahreszyklus für Frauen und die DIALOGE Contact Impro Jam mit dem Fokus auf der Interaktion zwischen Sound-und Contact Improvisation. In 2022 initiierte ich die CI LABBING CULTURE Witzenhausen, ein selbstorganisiertes nichtkommerzielles Forschungsformat für CI Praktizierende. 2023 organisierte ich gemeinsam mit Lotte Jirka und Luisa Sarmiento das MAMA•CONTACT Festival, sowie seit 2023 gemeinsam mit Marielle Gerke das CI WITZENHAUSEN WINTER TRAINING .
Wichtige Impulse für meine tänzerische, somatische und mystische Praxis erhielt ich u.a. von Jörg Hassmann und Daniel Werner (CI), Marielle Gerke (CI Entwicklung gemeinsamer Unterrichtsformate, Performances), Kira Kirsch, Antoine Ragot, Frey Faust (Axis Syllabus), Emily Conrad, Susan Harper u.a. (Continuum, somatische Mystik), Imre Thormann, Tadashi Endo, Anahi Chamorro (Butoh), Wal Mayans (Anthropologisches Theater und Tanz, Kompanie Hara Theatro, Paraguay, 2007), Heide- Marie Weller (feministische ganzheitliche Lebensberatung, weibliche Mythologie und Geschichte), Mayona Bliss, Anna Oppermann &Tatjana Bach ( Schoßraumheilarbeit, Tempelarbeit), Ilan Stefani (nervensysteminformierte somatische Mystik, taoistische Jing-Praxis zur Vermehrung von Lebensenergie) und Annette Rath-Beckmann (matriarchaler Schamanismus)